Junger buddhistischer Mönch mit Schirm

Buddhismus einfach erklärt - Übersicht, Grundlagen, Praxis und Konzepte

Adrean Liegel

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Bleibe nicht an der Oberflächlichkeit der Worte hängen. Frage dich, was die verwendeten Begriffe für dich bedeuten und übersetze sie dir in dein eigenes Verständnis, finde Synonyme! Worte sind nicht in Stein gemeißelt und stehen nur stellvertretend für die etwaigen Gedanken dahinter. Alles lässt sich auch anders formulieren und übersetzen - und damit auch anders verstehen und begreifen. Wir neigen dazu, Begriffe zu ideologisieren und in Schubladen zu stecken, statt sie immerzu erneut (mit überholtem Kenntnisstand) bewusst zu hinterfragen. Dadurch entstehen Missverständnisse, Prägungen, Bias, Vorurteile, Automatismen und Co. Dann verstehen wir nicht mehr - bzw. falsch.

 

Inhaltsverzeichnis:

 

Einleitung und Grundlagen

Buddhismus beschäftigt sich mit der Frage nach dem guten Leben. Warum geht es auf und ab, warum leiden wir, warum sind wir unzufrieden - und vor allem: Wie werden wir zufrieden? Heiter und gelassen im Moment, Entspannung und Erleuchtung, zum Wohle aller Wesen. Erleuchtung ist das Ende aller (Ent-) Täuschung.

Buddhismus gilt als die viertgrößte Religion der Erde - nach Christentum, Islam und Hinduismus. Anders als bei diesen, steht im Zentrum des Buddhismus aber kein allmächtiger Gott (oder Götter), sondern die Beendigung allen Leidens, mittels der Erkenntnis und des Verständnis der Wirklichkeit.

Buddhismus = Wirklichkeit erkennen.

Den einen Buddhismus gibt es nicht. Es gibt viele verschiedene Strömungen und Schulen, die gelegentlich entstehen und hin und wieder auch vergehen. Einige sind ziemlich verkopft und institutionalisiert - sehr menschlich, wenn auch manchmal ein wenig unbuddhistisch, im Sinne von Dogma, Befreiung und Erlösung. Wie die Kirche und der Glaube an Gott: Beides ist klar voneinander zu trennen und sehr unterschiedlich.

Der Laien-Weg ist eine gute Alternative.

In diesem Text analysiere und erörtere ich den Kern der Philosophie des Buddhismus, so wie ich ihn verstehe. Auf die mystische Ebene gehe ich wenig ein, weil sich diese ohnehin nicht mit Worten greifen lässt. Dafür gibt es besser geeignete Mittel, als einen Blog-Beitrag. Hier kommt nur das Wissen, die Umsetzung erfolgt dann in der Praxis. Gutes Leben kann man nicht lesen, gutes Leben muss man leben.

Deshalb, um Missverständnisse und Illusionen gleich vorweg zu nehmen: Buddhismus ist vermutlich noch viel mehr und auch ganz anders, als was ich hier schreibe. Buddhismus liegt (auch)  jenseits des konzeptionellen Denkens, hinter den Zeilen. Mystik, Esoterik, das Besondere im Gewöhnlichen, das Kleinste zum Größten machen - das alles spielt eine Rolle. Mach dich selbst auf die Suche.

Im ersten Teil des Textes erläutere ich die wesentlichen Grundlagen, im zweiten und dritten Teil, dem Hauptteil, klären wir um was es überhaupt geht - das komplette Bild, und im letzten Teil gehe ich auf weitere, unterstützende Rahmenbedingungen ein.

Weitere Infos und mehr: Dhammapada

Los geht’s.

 

Wer war Siddharta?

Siddhartha Gautama wurde im 6 Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung als Sohn eines Krieger-Fürsten (Sakyer) in Indien geboren, in der heutigen Grenzregion zu Nepal. Der Legende nach soll den Eltern kurz nach Siddharthas Geburt prophezeit worden sein, dass ihr Sohn entweder ein mächtiger Herrscher werden würde, oder dass er, wenn er das Leid der Welt erkennen würde, ein großer Heiliger werde. Daraufhin beschloss sein Vater, Siddhartha vor jeglichem Leid zu schützen und zu wahren, weshalb er mit Prunk und Palmen, in Palast und Paradies aufwuchs. 

Siddhartha wurde älter und heiratete, gebar sein einziges Kind, seinen Sohn Rahula (bedeutet soviel wie "Fessel" oder "Hindernis"; wurde später auch Mönch) und hatte alles, was man sich nur wünschen könnte. Dennoch spürte er irgendwann ein dumpfes Drücken und unbestimmtes Ziehen in sich, das ihn nicht mehr losließ. Er begann Ausfahrten zu unternehmen, die sein ganzes Leben verändern sollten.

Vier an der Zahl mit jeweils einer Begegnung: Bei der ersten Ausfahrt traf er einen verkrüppelten Greis, bei der Zweiten begegnete er einem Fieberkranken, bei der Dritten erblickte er einen verwesenden Leichnam und bei der Vierten einen abgemagerten Asketen. Da realisierte Siddhartha, dass die Wirklichkeit voller Leiden steckt - Altern, Krankheit, Tod und Schmerz - und dass Wohlstand und Reichtum letztlich nichts daran ändern können.

Daraufhin ließ Siddhartha alles zurück und zog mit 29 Jahren los, um Asket zu werden. Er lernte yogische Praktiken und Meditationen und setzte sich jahrelangen Qualen und Entsagung aus, auf der Suche nach Antworten und Auswegen. Doch er fand sie nicht. Dem Hungertod nahe vom vielen Fasten, erkannte er, dass auch dies keine Lösung war, woraufhin er beschloss, extreme Lehren und Praktiken in Zukunft zu meiden und von nun an als Haus- und Besitzloser Wanderer den Weg der Mitte zu beschreiten - zwischen selbstzerstörerischer Askese und ungezügeltem Hedonismus. Keine Radikalität und keine Extreme, sondern Bewusstsein und Wirklichkeit.

Und wie er so, nach einiger Zeit des Umherwanderns, ohne Ziel und Absicht, ohne Antwort und Erkenntnis, noch immer mit den gleichen leeren Händen, eines Tages in Meditation versunken zum Fuße eines Baumes saß, da ward ihm wie Erwachen. Ihm war etwas klar geworden. Er schmunzelte und wurde ruhig. Ein Gefühl von Frieden und Befreiung durchströmte ihn und breitete sich aus. So weilte er noch einige Zeit, gelassen und erlöst, an jenem Ort - erleuchtet. Dann erhob er sich, suchte seine alten Asketen-Brüder und teilte mit ihnen seine neu gewonnenen Einsichten über das Leiden und Begehren, auch bekannt als seine erste Lehrrede, von den vier edlen Wahrheiten. Da war er 35 Jahre alt.

Und so wanderte er 45 Jahre lang durch Nordindien, ohne Familie, ohne Haus und ohne Besitz, und lehrte bis zu seinem Tod und Erlöschen vom Leiden und Erlöschen.

 

Die drei Schätze/Juwelen

Bevor wir zu Siddharthas erster Lehrrede, den Vier Edlen Wahrheiten kommen, vorab noch ein paar grundlegende Infos und Konzepte, die für alle buddhistischen Schulen zutreffend sind und die einen guten Rahmen, ein solides Fundament bilden, um allen weiteren Aufbau zu erklären und zu verstehen. Elementar für alle Schulen sind seit jeher die drei Schätze oder Juwelen: Buddha, Dharma und Sangha. Um Buddhist zu sein oder zu werden, nimmt ein Mensch gemeinhin Zuflucht zu diesen Drei.

Die drei Schätze:

1. Buddha (Das Vorbild)
2. Dharma (Die Lehre)
3. Sangha (Der Kreis)

1. Buddha:

Buddha meint nicht nur den historischen Buddha Shakyamuni (Sakya = Familienname Siddharta Gautamas; Muni = Weiser; Shakyamuni = Der Weise aus dem Stamm der Sakyas), sondern alle erleuchteten Buddhas, die je waren, sind und sein werden. Der Begriff Buddha ist eher als Titel zu verstehen, weniger als Person. Buddha bedeutet soviel wie "der Erwachte". Bodhi bedeutet "erwachen".

2. Dharma:

Dharma (auch Dhamma) kann soviel wie Lehre, Gesetz, Recht und Sitte bedeuten, oder auch Wahrheit, Verpflichtung oder Wirklichkeit - ein sehr umfangreicher Begriff. Für mich bedeutet Dharma das, was wirklich ist. Dharma ist die Lehre der Gesetzmäßigkeit der Wirklichkeit. Oder eben einfach nur: Wirklichkeit. Wenn wir dem Dharma entsprechend handeln, handeln wir im Einklang mit allem und schaffen uns (und allem anderen, alles ist eins) gutes Karma. Karma bezeichnet den Zusammenhang unserer Handlungen und deren Früchte/Resultate. Tust du Gutes, wird alles besser, tust du Schlechtes, wird alles schlechter (amoralisch). Mehr zu Karma, siehe "Die 12 Glieder des bedingten Entstehens".

3. Sangha:

Sangha bezieht sich auf die buddhistische Gemeinschaft von Praktizierenden. Gemeinsam sind wir stark, zusammen geht vieles leichter. Übungen, Disziplin, etc. Mit Brüdern und Schwestern stehen wir durch, was wir alleine schon längst aufgegeben hätten. Wie beim Militär: Soldaten schaffen in der Truppe, was sie alleine nie im Stande wären. Anders als beim Militär, bedeutet Sangha im weiteren Sinne aber auch Freundschaft und Verbindung zu allem anderen, insbesondere zu anderen Lebewesen. Alles ist im Grunde eins und alles hängt mit allem zusammen. Wir sind alle Teil derselben Wirklichkeit, desselben Universums. Wir SIND dieses Universum. Sternenstaub.

 

Die drei Schulen/Strömungen

Es gibt drei große Strömungen im Buddhismus: Theravada, Mahayana und Vajrayana. Hinzu kommen etliche weitere Auslegungen und Unterströme, wie ein weit verzweigtes Flusssystem, einige schon lange in Vergessenheit geraten. Im Grunde gibt es soviele Interpretationen und Auslegungen des Buddhismus, wie es Menschen gibt, die diesen ausleben und praktizieren. Eben so, wie jeder Buddhist (subjektiv) die Wirklichkeit (objektiv) versteht. Buddhismus ist gut darin, sich ähnlich wie beispielsweise Daoismus, einer jeden Kultur anzupassen, weil es keine absolute Autorität gibt - außer dir selbst.

Die drei Schulen:

  • Theravada
  • Mahayana
  • Vajrayana

Theravada:

Theravada bedeutet wörtlich "Die Schule der Ältesten". Dieser Zweig bezieht sich vor allem auf die ursprünglichsten und ältesten Schriften, Praktiken und Überlieferungen Shakyamunis selbst sowie auf die der Mönche, die ihn noch direkt gehört und erlebt haben. Dieser Zweig ist heutzutage vor allem in Südindien und Sri Lanka sowie in den Ländern Südostasiens (Sri Lanka, Myanmar, Thailand, Laos und Kambodscha, etc.) weit vertreten und verbreitet. Theravada wird von manchen (in anderen Strömungen) auch als "die erste Drehung des Rades der Lehre" bezeichnet.

Unterströmungen:

  • Theravada ist eine einzige Strömung

Mahayana:

Aus den ursprünglichen Lehren Buddhas heraus entwickelte sich der Mahayana-Buddhismus. Der Begriff Mahayana bedeutet soviel wie "Großes Fahrzeug" oder "Großer Weg" - wohl deshalb, weil der Mahayana-Buddhismus, anders als Theravada, auch die Lehren und Praktiken anderer, späterer Buddhas als gleichwertig annimmt und anerkennt - was diese Strömung eben sehr groß, weit verbreitet und umfangreich macht. Das ist wohl der größte Unterschied zwischen Theravada und Mahayana.

Mahayana breitete sich ursprünglich über Nordindien aus und erreichte über die Seidenstraße Zentral- und Ostasien, von wo aus sich viele weitere Traditionen, wie etwa Chan-, Zen-, Tendai-, Nichirin- oder auch Reine-Land-Buddhismus (Ostasien) und viele (!) mehr entwickelten. Der weit verzweigte Mahayana-Buddhismus wird von manchen auch als "die zweite Drehung des Rades der Lehre" bezeichnet.

Unterströmungen:

  • Madhyamaka (Alles ist im Grunde Leer)
  • Yogacara (Alles entsteht nur im Geist)
  • Tendai (Alle Lehren sind relevant)
  • Nichirin (Fokus auf Lotussutra)
  • Kegon (Alles ist in allem enthalten)
  • Zen (Weniger Worte, mehr Praxis)
  • Reine-Land (Vertrauen und Hingabe)
  • Shingon (Esoterik, Rituale, Rezitation)
  • u. a.

Vajrayana:

Vajrayana wird sowohl als Teil des Mahayana gesehen, als auch als eigenständige Strömung bzw. großer (Haupt-) Zweig des Buddhismus. Vajrayana bedeutet soviel wie "Diamantenes Fahrzeug" oder auch "Mächtiger Weg". Diese Schule ist ursprünglich in der Himalaya-Region, der Wiege und Geburtsstätte Buddhas (Tibet, Bhutan, Nepal, Mongolei, etc.) entstanden, wo sie auch heute noch stark vertreten ist.

Der Dalai Lama beispielsweise ist das spirituelle "Oberhaupt" einer (von vielen) Unterströmung des Vajrayana-Buddhismus. Die Besonderheit des Vajrayana, im Vergleich zum sonstigen Mahayana, liegt wohl in ihrem Einsatz mystisch-esoterischer Techniken wie Mantras, Mandalas, Tantra, Yoga und Co. Mit diesen im Verborgenen, hauptsächlich von Lehrer (Lama/Guru) zu Schüler weitergegebenen Praktiken und Ritualen, sollen sich Erleuchtung und Nirwana besonders schnell und in nur einer Lebenszeit erreichen und verwirklichen lassen - darum das "Diamantene Fahrzeug". 

Laut Wikipedia wird Vajrayana auch als "Pfad des Resultats" bezeichnet, wohingegen Mahayana als "Pfad der Kultivierung" und Theravada als "Pfad der Entsagung" gelten. Im gleichen Zuge wird die Strömung des Vajrayana-Buddhismus (vermutlich von den eigenen Anhängern) auch als "die dritte Drehung des Rades der Lehre" bezeichnet - der schnellste und direkteste Weg zur Erleuchtung, der vollkommen(st)e Pfad.

Unterströmungen:

  • Nyingma (Spontanität, Natürlichkeit)
  • Kagyu (Meditation, Selbsterkenntnis)
  • Sakya (Studium, Philosophie, Praxis)
  • Gelug (Disziplin, Studium, Logik)
  • u. a.

 

Die drei Daseins-Merkmale

Ebenfalls grundlegend und absolut elementar für alle Schulen und Strömungen des Buddhismus sind die drei Daseins-Merkmale, die jeglichem Sein zugrunde liegen. Jegliche (menschliche) Existenz ist diesen drei Gesetzmäßigkeiten unterworfen. Jede Lehre aller Buddhas stützt sich auf die Annahme und Erkenntnis dieser Kern-Gesetzmäßigkeiten. Alle Phänomene (und überhaupt alles im Buddhismus) bedingen sich einander und bauen aufeinander auf. Alles hängt mit allem zusammen.

Die drei Daseins-Merkmale:

1. Unbeständigkeit (Anicca)
2. Leidhaftigkeit (Dukkha)
3. Nicht-Selbst (Anatta)

1. Unbeständigkeit (Anicca):

Alles ist vergänglich und alles befindet sich konstant im Wandel. Ein Stein, ein Baum, ein Tier - selbst du veränderst dich in jedem Augenblick. Deine Zellen ändern sich, deine Gedanken ändern sich, deine Art und Weise ändert sich. Ein ständiges Sterben und Geboren werden oder wie es im Buddhismus oft genannt wird: Entstehen und Vergehen. Wie ein Fluss, in den man steigt und indem das Wasser keinmal dasselbe ist. Wie Heraklit sagte: Das einzig Beständige ist die Veränderung. Nichts (und alles) ist nicht nur nicht so, wie es scheint, sondern sogar in jedem Moment auch noch ganz anders, als gerade eben noch. Was du denkst zu kennen, ist bereits vergangen. So wie du etwas weißt, ist es schon Vergangenheit. Alles ist ständiges Entstehen und Vergehen.

Und Festhalten an dem, was vergeht, führt zu Leiden (Dukkha).

2. Leidhaftigkeit (Dukkha):

Alles ist von Leid behaftet. Dukkha lässt sich auch mit unangenehm, unbefriedigend, störend oder nicht-zufrieden übersetzen. Das zugrunde liegende Bild hinter dem Begriff ist eine gebrochene Radachse, die eiert, also nicht rund läuft. Dukkha ist letztlich alles, was Nicht-Zufrieden ist. Von einem drückenden Steinchen im Schuh, bis hin zum Tod von geliebten Personen. Selbst Freude lässt mal nach, weshalb auch sie als leidbehaftet gilt.

Manche Mahayana-Schulen nennen statt "Leidhaftigkeit" auch "Nirwana" als zweiten universellen Grund für alles Sein. Das leuchtet mir insofern ein, als dass der Mahayana-Buddhismus gerne mit Gegensätzen spielt. Und da sich Nirwana auch mit "Leid-Freiheit" übersetzen lässt, bezieht man sich hier wohl auf das positive Pendant, welches ja zumeist genau so wahr und zutreffend ist. Zwei Seiten ein und derselben Medaille. Ohne Leid, kein Nicht-Leid und ohne Nicht-Leid kein Leid - ergo, Nirwana.

Im Vajrayana, der dritten großen Strömung des Buddhismus, sind wohl gemeinhin beide Ansichten vereint und darum weniger unter dem Namen der drei Daseins-Merkmale bekannt, als vielmehr unter der Bezeichnung der "Vier Dharma-Siegel": Unbeständigkeit, Leidhaftigkeit, Nicht-Selbst bzw. Leerheit und Nirwana.

Mehr zu Nicht-Selbst und Leerheit im nächsten Abschnitt.

3. Nicht-Selbst (Anatta):

Der ursprüngliche Pali-Begriff für diese dritte Gesetzmäßigkeit lautet "Anatta". Die ersten zwei Buchstaben "An" stehen für eine Verneinung und "atta" bedeutet soviel wie das Angenommene, das Selbst, die Summe aller Haufen/Skandhas (siehe "Die 5 Skandhas"). Anatta lässt sich also übersetzen mit "Nicht-Selbst". Und das wiederum bedeutet, dass das, was wir für "uns" halten, die eigene Identität (Selbstbild) bzw. Entität (Abgrenzung zu allem anderen) - in Wahrheit nichts anderes ist, als Einbildung oder, schlimmer noch: Täuschung. Wir sind nicht, was wir denken zu sein - und vor allem nicht eigenständig.

Alles hängt immer mit allem zusammen, nichts besteht unabhängig, nur für sich und alles beeinflusst alles - immer. Alles existiert immer untrennbar miteinander verbunden und voneinander abhängig, physisch (Materie, Luft, Essen, Sonne, Wasser, etc.) wie psychisch (Gedanken, Taten, Interaktionen, etc.). Alles steht in ständigem Austausch und in ständiger wechselseitiger Beziehung. Das, was du für dich hältst, ist nichts als eine Ansammlung temporärer Zustände/Faktoren. In manchen buddhistischen Traditionen wird der Begriff "Leerheit" dafür genutzt oder auch "Interdependenz" (Wechselseitige Abhängigkeit oder Bezogenheit). Jedes Teil für sich ist leer, zusammen ergibt sich alle Form.

Du warst mal eine Blume, ein Stein, ein Baum und auch der Wind. Du BIST eine Blume, ein Stein, ein Baum und auch der Wind. Dir magst du momentan als Menschen erscheinen, doch ist das lediglich ein mentales Konstrukt, ein Irrtum, der uns die Welt falsch begreifen - und uns darum leiden lässt. Bald werden "du" bzw. deine temporären, sich stets wandelnden Bestandteile die Form eines Häufchens Erde oder Asche annehmen - aber im Grunde ändert sich nichts, weil die Grund-Komponenten immer die Gleichen sind und sowieso alles andauernd entsteht und vergeht. Du bist Nicht-Selbst - sondern alles. Und alles ist du. Du bist dieser Planet, gleichwie das Universum.

Wenn wir diese Begebenheiten anerkennen, tief durchdringen und danach praktizieren, (erst) dann können wir umsichtige, der Wirklichkeit entsprechende Entscheidungen treffen und unnötige Leiden mindern und verhindern, statt an trügerischen Tatsachen und falschen Vorstellungen zu haften und immerzu erneute Enttäuschungen zu durchleben.

 

Die drei Gifte/Feuer/Laster

Die drei Gifte wurden erstmals von Buddha wie ein Feuer beschrieben. Alles Leiden und jedes (karmisch-bedingte) Übel - also Töten, Stehlen, Betrügen, Hintergehen, Lügen, Lästern, Plappern und so weiter - ergibt sich als Erzeugnis und Resultat aufgrund der folgenden drei Eigenschaften. In manchen Schulen sind die drei Gifte auch als "Die drei Wurzeln des Bösen" bekannt. Alle Gifte bedingen sich gegenseitig und vergiften alles, womit sie in Berührung kommen (Karma) - ein Teufelskreis. 

Die drei Wurzeln des Bösen:

1. Gier/Wollen/Anhaften
2. Hass/Nicht-Wollen/Abweisen
3. Verblendung/Ignoranz/Unverständnis

Gier bedeutet in diesem Fall soviel wie Wollen, Begehren oder auch Anhaften. Jedes Hingezogensein und -werden zu einem Ding oder einer Sache aufgrund der eigenen Triebe ist eine Form von Gier. Etwas anderes wollen, als tatsächlich ist, ist Gier.

Hass steht für soviel wie Übel- oder Nicht-Wollen, Ablehnen oder auch Abweisen. Hass ist jedes Abgestoßensein und -werden von einem Objekt oder einer Sache um der eigenen Selbst Willen. Etwas Nicht-Wollen, das tatsächlich gegeben ist, ist Hass.

Beide Eigenschaften, Gier und Hass, werden gezeugt und genährt, durch nicht der Wirklichkeit entsprechende Annahmen und Vorstellungen, aufgrund von Unwissenheit, Unverständnis und Ignoranz, welche das dritte große Übel ergeben: Verblendung.

Doch wenn es Gifte und Brände gibt, dann gibt es auch Gegengifte und Löschmittel. Nirwana etwa lässt sich wörtlich mit Erlöschen, Verwehen oder Auflösen übersetzen. Und was ist Nirwana? Nirwana ist die Zerstörung, Vernichtung und Zerschlagung von Gier, Hass und Verblendung. Und wie zerstören, vernichten und zerschlagen wir diese? Mithilfe der "Drei Wurzeln des Guten" können wir die drei Gifte oder Feuer überkommen.

Die drei Wurzeln des Guten:

1. Geben/Selbstlosigkeit/Freigebigkeit
2. Liebe/Güte/Mitgefühl/Verbundenheit
3. Wissen/Weisheit/Verständnis/Leerheit

Gier können wir unter anderem mit dem bewussten (Aus-) Üben und Kultivieren von freiem Geben, Schenken oder auch Nicht-Geiz überkommen, mit der Besinnung auf die Vergänglichkeit oder auch mittels Meditation über die Unreinheit von allem Körperlichen.

Hass können wir unter anderem mit dem bewussten (Aus-) Üben und Kultivieren von Liebe, Mitgefühl, Verbindung und Co. überkommen, durch die Besinnung auf eigenes Wohlwollen bzw. das Leiden der anderen oder auch durch die Praxis von Duldsamkeit und Demut. 

Verblendung können wir mit Einsicht und Erkenntnis, durch Weisheit, Wissen und Verständnis ausgleichen und austreiben, zum Beispiel durch das Studium des Buddhismus und der Leere sowie durch das beständige Praktizieren von Achtsamkeit und Meditation.

Das sind dem Buddhismus nach die größten Feuer in unserem Leben, die Brände, die es zu löschen gilt, inklusive der passenden Löschmittel. Wenn wir merken, dass die Gifte in uns aktiv werden und wirken, dann besinne dich auf die drei Wurzeln des Guten. 

Erstmal bewusst werden, dann den Geist bündeln (z. B. tief durchatmen), ein wenig raus zoomen (von subjektiv zu objektiv wechseln, vom blinden Reagieren ins Bewusstsein kommen) und anschließend auf die jeweils empfohlenen Meditationen besinnen und diese kultivieren. Diese Übungen allein können uns die Pforte nach Nirwana öffnen. Wenn wir uns auch nur an diese halten sollten, tragen wir den Schlüssel zum Glück.

 

Die vier edlen Wahrheiten

Kommen wir zum vielleicht wichtigsten Teil: Die erste Lehrrede des Buddhas nach seinem Erwachen. In seiner ersten Rede, die auch als die "Rede vom Ingangsetzen des Rades" bekannt ist, sprach Siddhartha über vier grundlegende Erkenntnisse, die er bzw. seine Schüler damals seine "Vier edlen Wahrheiten" nannten. Der Sanskrit-Begriff für Wahrheit lautet "Satya", was sich auch mit "Wirklichkeit" übersetzen lässt. Satya entspringt derselben indogermanischen Wurzel wie das deutsche Wörtchen "sein" - also das, was wirklich ist. Diese Wahrheiten könnten also auch "Wirklichkeiten" genannt werden.

"Edel" könnte auch mit "Vollkommen" oder "Erhaben" übersetzt werden. Und ich schreibe im ersten Absatz bewusst "seine" Wahrheiten, weil es gemeinhin nicht "die eine Wahrheit" gibt - sehen wir die Wirklichkeit doch immer nur durch unsere subjektive Brille. Ein Buddhist nach meinem Verständnis maßt sich nicht an, mehr zu wissen als alle anderen. Demut und Bescheidenheit sind Weisheit, durch die Achtung der eigenen Beschränktheit. 

Passend dazu: Das Konzept "Upaya". Upaya bedeutet soviel wie Mittel, Weg oder Methode. Der Begriff steht im Buddhismus dafür, dass der Weg zur Erleuchtung individuell sein kann - oder muss, je nach Umstand und Situation. Das heißt, dass die Lehre, die Übungen und Praktiken flexibel und dynamisch sein können oder sogar müssen - angepasst an den Entwicklungsstand des jeweiligen Schülers.

Die Lehren können sich sogar von Person zu Person widersprechen. Relevant ist vor allem, ob ein Weg hilft, einen guten und wahrhaftigen bzw. wirklichkeitsgemäßen Geist zu kultivieren, oder nicht. Die richtigen Worte zur rechten Zeit hängen von Umstand und Individuum ab. Keine starren Dogmen oder Gesetze. Weil wir relativ bzw. subjektiv (beschränkt) sind, können entsprechend relative bzw. subjektive Wahrheiten und Blickwinkel helfen, um das Absolute und Objektive verständlicher zu vermitteln.

Dem Krummen scheint das Gerade schief, weshalb man es ihm als Krumm verkaufen muss, damit er es als Gerade sieht. Und so lehrte auch Buddha. Wie ein Doktor, der jedem Patienten eine individuelle Diagnose samt Genese (Ursachenforschung) plus einer passenden Prognose und einer heilenden Therapie zu verschreiben vermochte. (Was auch die ganzen Götterwesen, Himmels- und Höllenbereiche, etc. erklären würde, auf die ich in diesem Artikel leider aus Zeit- und Umfang-Gründen nicht weiter eingehe).

Im Buddhismus gilt: Glaube nicht, sondern forsche selber nach. Mach die Augen auf und nehme dir auch die Zeit, um wirklich hinzusehen. Lass dich nicht gehen und gebe dich nicht vorgefertigten Antworten, Automatismen, Prägungen und Vorurteilen hin. Denke, sehe und forsche selber nach und wäge ab. Frage dich, und keine andere Autorität. Weitere Infos dazu findest du online, z. B. im "Kalama-Sutta".

Die vier edlen Wahrheiten:

1. Das Leben ist voller Leiden. Alles ist vergänglich und letztlich Nicht-Selbst.
2. Leiden entstehen durch Verlangen. Durch das Haften an dem, was nicht ist.
3. Durch das Loslassen von allem, das nicht ist, können wir Leiden überkommen.
4. Der "Edle achtfache Pfad" bietet einen praktischen Weg zum Wohle aller Wesen.

Oder kürzer:

1. Leben bedeutet Leiden
2. Verlangen schafft Leiden
3. Loslassen endet Leiden
4. Praxis überkommt Leiden

Je weiter wir in unserer Bedürfnispyramide aufsteigen, desto weniger brauchen wir tatsächlich (Bedürfnisse = engl. "Needs" = Brauchen) und desto mehr Wünsche (engl. "Desire" = Begehren, Verlangen) kommen auf. Viele Menschen halten ihre Wünsche für tatsächliche Bedürfnisse. Und je stärker wir uns dem Drang nach Befriedigung hingeben, desto mehr Leben wir über das Nötige hinaus. Und was wir uns über das Nötige heraus für die Erfüllung unserer Begehren nehmen, fehlt anderswo anderen Lebewesen. Das schafft Leiden auf der Welt und in uns selbst, weil wir ein bodenloses Loch zu füllen versuchen.

Doch es gibt eine Lösung - und zwar: Lösung! Das sagt ja schon der Begriff "Lösung". Loslösung von Anhaftung. Nicht hängen bleiben und verharren, sondern frei machen. Gelassenheit. Der Weg ist das Ziel. Kommen wir zu den konkreten Punkten.

 

1. Leben bedeutet Leiden

Das Leben ist voller Leiden (Pali "Dukkha" = schwer zu ertragen, Nicht-Zufrieden, ungemütlich, ungenügend, unvollkommen, unbefriedigend). Alles ist leidbehaftet, weil alles unbeständig und vergänglich ist. Selbst auf Freude und Heiterkeit folgen Leiden, weil diese flüchtig sind. Und so wie es Freude gibt, so muss es auch Leiden geben. Das eine bedingt das andere. Ohne Links kein Rechts und ohne Anfang kein Ende. Letztlich ist alles (auch) Leiden. Im Folgenden ein paar der Punkte, die Buddha konkret nannte.

Was bedeutet Leiden?

  • Geburt ist Leiden
  • Altern ist Leiden
  • Krankheit ist Leiden
  • Tod ist Leiden
     
  • Sorgen sind Leiden
  • Frust ist Leiden
  • Schmerz ist Leiden
  • Trauer ist Leiden
  • Angst ist Leiden
  • Wut ist Leiden
     
  • Haften an Vergänglichem ist Leiden
  • Vereint mit dem Ungeliebten ist Leiden
  • Nicht vereint mit dem Geliebten ist Leiden
  • Das Gewünschte nicht bekommen ist Leiden

 

2. Verlangen schafft Leiden

Der Kernbegriff dieser zweiten Wahrheit lautet auf Pali "Tanha". Tanha bedeutet soviel wie Verlangen, Begehren, Gier, Durst oder Wollen. Anderes Wollen, als tatsächlich ist. Jedes Leiden entspringt unserem Wunsch nach mehr bzw. unserer Lust nach anders. Verlangen entstehen durch das Anhaften an der Illusion eines festen, für sich allein stehenden Wesenkerns (Nicht-Selbst; Anatta), durch die Fütterung von Sinnesfreuden sowie durch das Verharren an Gedankenkonstrukten, Vorstellungen (griech. "phantasia" = Fantasie) und Erwartungen.

Was schafft Leiden?

1. Sinnliches Begehren
2. Begehren von Sein/Entstehen
3. Begehren von Nicht-Sein/Vergehen

Die drei Wurzeln des Bösen:

1. Gier/Wollen
2. Hass/Nicht-Wollen
3. Verblendung/Unverständnis

 

3. Loslassen endet Leiden

Wenn es Leiden gibt, dann gibt es auch Nicht-Leiden. Durch das Loslassen der Dinge, die uns krank machen, werden wir gesund. Wer alles liebliche und angenehme als vergänglich (Anicca), leidhaft (Dukkha) und nicht-selbst (Anatta) erkennt, für den erlischt das Leiden. Durch das Schwinden der Begehren schwindet auch das Haften. Durch das Abwenden des Befüllens der Sinne vom Schlechten, endet auch der Strom des Schlechten und durch das Hinwenden zum Guten, mehren und nähren wir das Gute (Karma).

Was endet Leiden?

1. Nicht-Gier/-Wollen
2. Nicht-Hass/-Nicht-Wollen
3. Nicht-Verblendung/-Unverständnis

Die drei Wurzeln des Guten:

1. Selbstlosigkeit/Offenherzigkeit
2. Liebe/Güte/Wohlwollen
3. Wissen/Weisheit

 

4. Praxis überkommt Leiden

Der "Edle achtfache Pfad" ist eine Lösung. Der Weg ist das Ziel. Rechte Einsicht, rechtes Denken, rechtes Sprechen, rechtes Handeln, rechtes Einkommen, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung: Acht Glieder einer Kette. Dieser Pfad ist kein Dogma, sondern eine mögliche und ziemlich konkrete Wegbeschreibung, die jeder Mensch im eigenen Leben und Alltag üben und anwenden kann. Der Pfad lässt sich grob in drei Bereiche kategorisieren: Rechtes Verstehen, rechtes Verhalten und rechtes Vertiefen. “Recht” bedeutet soviel wie gesund, fähig, harmonisch oder heilsam.

Was überkommt Leiden?

1. Rechtes Verstehen
2. Rechtes Verhalten
3. Rechtes Vertiefen

Oder:

1. Weisheit
2. Sittlichkeit
3. Versenkung

Mehr dazu in der folgenden Rubrik.

 

Der edle achtfache Pfad

Der edle achtfache Pfad ist das Herzstück der Lehre Buddhas. Ein konkreter Fahrplan, eine praktische Karte. Direkt umsetzbare Handlungsempfehlungen für ein Leben jenseits von Leiden - in Frieden, Freude und Freiheit. Während die Vier Edlen Wahrheiten die Diagnose und das Heilmittel beschreiben, ist der Pfad selbst die empfohlene Therapie: Ein Leben in Umsicht, Anstand und Bewusstsein.

Meist wird der Pfad in Schritten oder Stufen dargestellt, doch handelt es sich weniger um eine starre, aufeinander aufbauende Abfolge, als vielmehr um gleichwertige Glieder einer Kette, welche sich gegenseitig bedingen und in gemeinsamer Abhängigkeit stehen. Wie die Speichen eines Rades: Um den Weg erfolgreich zu begehen, braucht es jeden Schritt. Und auch hier nochmal: “Recht” bedeutet soviel wie gesund, fähig, harmonisch oder heilsam.

Die acht Glieder lassen sich in drei große Bereiche einteilen: Weisheit, Sittlichkeit und Sammlung - oder: Verstehen, Verhalten und Vertiefen. Viele Übersetzungen und Bezeichnungen sind möglich. Zusammen bilden sie einen umfassenden Übungsweg, der sowohl unseren Alltag als auch unser innerstes Erfahren und Erleben transformiert.

Gut ist und wird, wer gut lebt und wirkt.

Der edle achtfache Pfad:

Weisheit (Prajna):

1. Rechte Erkenntnis
2. Rechte Gesinnung

Sittlichkeit (Sila):

3. Rechtes Reden
4. Rechtes Handeln
5. Rechtes Einkommen

Versenkung (Samadhi):

6. Rechte Anstrengung
7. Rechte Achtsamkeit
8. Rechte Sammlung

Los geht's mit dem ersten Glied der Kette.

 

1. Rechte Erkenntnis

Bevor wir den Weg gehen können, müssen wir ihn erstmal auch als solchen erkennen. Sehen und suchen wir keinen Weg, dann gibt (und braucht?) es auch kein Entkommen. Wie heißt es doch so schön: Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung! Dieses Glied der Kette kann auch als "rechte Einsicht" oder "rechtes Verständnis" verstanden werden. 

Rechte Erkenntnis bedeutet, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind - das Erkennen der Wirklichkeit. In diesem Fall bedeutet das vor allem die Erkenntnis der Wirklichkeit vom Bestehen der Leiden, von den Ursachen von Leiden, von der Möglichkeit der Loslösung sowie von der möglichen Verwirklichung eben jenen Weges der Loslösung.

Die vier edlen Wahrheiten:

1. Die Wahrheit vom Bestehen des Leides
2. Die Wahrheit vom Entstehen des Leides
3. Die Wahrheit vom Vergehen des Leides
4. Die Wahrheit vom Begehen des Pfades

Mit anderen Worten: Rechte Erkenntnis ist das Verstehen und Befolgen (wer versteht, doch nicht handelt, versteht nicht) der vier edlen Wahrheiten sowie des achtfachen Pfades und allen diesbezüglich förderlichen und wohlbringenden Lehren und Praktiken. Wikipedia: "Recht erkannt hat, wer als wandernder Mönch in die Haus- und Besitzlosigkeit zieht."

 

2. Rechte Gesinnung

Das zweite Glied der Kette bezieht sich auf unsere innere Haltung, unsere Einstellung, unsere Absicht und Intention. Dieses Glied lässt sich auch als "rechtes Denken" bezeichnen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Und wenn du den Weg schon siehst, so musst du ihn noch immer gehen. Und diesen Weg nicht nur zu sehen, sondern ihn tatsächlich auch zu gehen, das ist rechte Gesinnung.

Konkret bedeutet das vor allem, sich und sein eigenes Denken auf Liebe und Mitgefühl auszurichten, auf Genügsamkeit und Gewaltlosigkeit sowie auf das Loslassen von Gier und Hass (bzw. Wollen und Nicht-Wollen). Wer so denkt und sich hierauf beständig besinnt, der kultiviert den Boden für alle weiteren Schritte und ein Leben im Einklang mit allem.

Rechte Gesinnung ist dreifach: 

1. Entsagende Gesinnung (Nicht-Anhaften)
2. Nicht-Übelwollende Gesinnung (Liebe/Güte)
3. Zwang- und gewaltlose Gesinnung (Mitgefühl)

Durch entsagende Gesinnung wird die erste "Wurzel des Guten" gestärkt (Gierlosigkeit), durch nicht-übelwollende Gesinnung wird die zweite Wurzel gestärkt (Hasslosigkeit) und durch gewaltlose Gesinnung wird die dritte Wurzel gestärkt (Unverblendung) - indem Letztere dafür sorgt, dass wir aus eigener Unwissenheit und Beschränktheit heraus nicht doch noch Schaden (mit Zwang und Gewalt) durchsetzen und verursachen. 

Mehr dazu, siehe "Die drei Gifte" und Co.

 

3. Rechtes Reden

Rechte Rede (rechtes Sprechen) lädt dazu ein, Worte achtsam und umsichtig zu wählen und zu verwenden. Dazu gehört, die Wahrheit (Wirklichkeit) zu sprechen, nicht zu lügen, nicht zu verleumden, nicht grob oder verletzend zu reden, nicht unnötig zu plappern, nicht zu übertreiben, etc. Worte sollten heilsam und hilfreich, wohlbringend und herzlich sein.

Worte sind wesentlich. Worte können Leben retten oder zerstören, Freunde gewinnen oder Feinde schaffen, einen Krieg auslösen oder Frieden wiederherstellen. Worte schaffen, formen und prägen die Wirklichkeit. Worte lassen uns manchmal (erschreckend selten) verstehen und erstaunlich oft aneinander vorbeireden - selbst wenn wir das meistens gar nicht merken. In Wahrheit können wir einander sogar nie 100 % verstehen (Wittgenstein). 

Dennoch versuchen wir es immer wieder und meistens klappt es ja auch ganz gut. Um rechte Rede bestmöglich halten zu können, braucht es einen gut gepflegten, starken und stabilen Geist. Um möglichst wirklichkeitsgemäß zu sprechen, hebte Buddha unter anderem folgende Empfehlungen hervor.

Rechte Rede:

1. Nicht überrumpeln, tölpeln oder ignorieren: Zeit- und Ortsbewusst sprechen.
2. Nicht schwindeln, lügen oder betrügen: Aufrichtig und wahrhaftig sprechen.
3. Nicht verleumden, verleugnen oder verachten: Achtsam und wohlwollend sprechen.
4. Nicht beleidigen, lästern oder verletzen: Freundlich und liebevoll sprechen.
5. Nicht schwätzen, plappern oder labern: Bewusst und bedacht sprechen.

Und als Bonus-Tipp und Empfehlung, der zumeist unfehlbarste und sicherste Weg der Kommunikation: Einfach schweigen! Schweigen geht immer. Schweigen ist der beste, wahrste und untrüglichste Weg, die Wirklichkeit auszudrücken und zu benennen.

Mehr dazu: "Die 10 Silas", "Die 6 Paramitas", etc.

 

4. Rechtes Handeln

Das vierte Glied betrifft unser ethisches Verhalten im Alltag. Rechtes Handeln bedeutet unter anderem niemandem Schaden zuzufügen, nicht zu töten oder zu verletzen, nicht zu stehlen (auch nicht Zeit, Energie, Nerven und Co.) und im Allgemeinen ein verantwortungsvolles und wohlwollendes Verhalten in Beziehungen zu pflegen. Es geht um ein Leben in Harmonie mit sich selbst und allen (bzw. allem) anderen.

Konkret gelten im Buddhismus insbesondere 5 Gebote oder Grundtugenden, genannt Silas, ähnlich den 10 Geboten der christlichen Kirche. Für gewöhnlich nimmt sich jeder Buddhist, der sich den drei Juwelen annimmt (siehe "Die drei Juwelen"), auch den 5 Silas an. Diese bilden das buddhistische Grundgerüst der Sittlichkeit. Die Art und Weise unseres Verhaltens bildet das Fundament von allem Wohlsein und Karma.

Die 5 Silas:

1. Nicht töten und kein Leid erschaffen
2. Nicht nehmen, was nicht gegeben ist
3. Nicht sexuell betrügen oder vergehen
4. Nicht lügen oder unachtsam sprechen
5. Nicht berauschen oder sich betrüben

Tun wir Gutes, wird alles besser, tun wir Schlechtes, wird alles schlechter. Anders als in der Kirche sind diese Gebote aber - so wie alles im Buddhismus - eher leuchtturmhafte Handlungsempfehlungen (freiwillig), als starre und unumstößliche Gesetze. Karma nach meinem Verständnis ist amoralisch. Du tust es für dich selbst (und für alle anderen).

Zur weiteren Vertiefung, siehe "Die 10 Silas" und Co.

 

5. Rechtes Einkommen

Ein wesentlicher Aspekt des Pfades, insbesondere für Laien-Praktizierende (normale, nicht-ordinierte Menschen, nicht Mönche), ist die Frage der Erzielung des eigenen Lebensunterhalts. Es gilt, das Einkommen so zu gestalten, dass es weder einem selbst noch anderen Lebewesen Schaden zufügt. Tätigkeiten, die Leid fördern, wie zum Beispiel Ausbeutung oder Umweltverschmutzung, widersprechen dem rechten Lebenserwerb. 

Stattdessen sollte ein Beruf (von "Berufung", "berufen-sein") Mitgefühl und Achtsamkeit schaffen und fördern, für ein verantwortungsvolles Miteinander und das Wohlsein aller.

5 Arten des zu vermeidenden Erwerbs:

1. Kein Einkommen mit Waffen
2. Kein Einkommen mit Lebewesen
3. Kein Einkommen mit Fleisch
4. Kein Einkommen mit Rauschmitteln
5. Kein Einkommen mit Giften

Des Weiteren gelten Betrügen, Beschwatzen, Andeutungen machen, Anschwärzen, nach immer mehr Gewinn suchen und vieles mehr als verkehrte und nicht rechte Arten des Lebensunterhalts und des Erwerbs. Buddhistische Mönche beispielsweise nehmen nur, was freiwillig gegeben ist. Spenden und Almosen in der Haus- und Besitzlosigkeit.

 

6. Rechte Anstrengung

Rechte Anstrengung, das sechste Glied, bedeutet, sich selbst bestmöglich Mühe zu geben, sich zu beherrschen und die eigenen Zwänge und Impulse (Gier, Wut, Hass, Neid, Angst, etc.) wahrzunehmen und zu kontrollieren. Unheilsame Gedanken und Gewohnheiten überwinden (indem wir das weglassen, was uns schadet) und stattdessen heilsame Qualitäten entwickeln und diese ständig und gewissenhaft hegen und pflegen. Das eigene Herz und den Geist in eine karmisch förderliche Richtung lenken.

Die 4 großen Anstrengungen:

1. Anstrengung zur Zügelung
2. Anstrengung zur Überwindung
3. Anstrengung zur Entfaltung
4. Anstrengung zur Erhaltung

Mit anderen Worten:

1. Verhindern von noch nicht entstandenen, unwohlbringenden Zuständen
2. Aufgeben von bereits entstandenen, unwohlbringenden Zuständen
3. Fördern von noch nicht entstandenen, wohlbringenden Zuständen
4. Wahren von bereits entstandenen, wohlbringenden Zuständen.

Mit was du deinen Geist heute fütterst, dass wirst du morgen sein. Gedanken werden Worte, Worte werden Handlungen, Handlungen werden Gewohnheiten, Gewohnheiten bilden unseren Charakter und unser Charakter bildet unser Schicksal. Wie auch Heraklit sagte: "Für den Menschen ist sein Ethos (Verhalten) sein Daimon (Schicksal)". Rechte Anstrengung ist, sich dem Weg so zu widmen, als würde ein Feuer auf dem Kopf brennen.

 

7. Rechte Achtsamkeit

Dieser Abschnitt ließe sich auch mit "im-Gedächtnis-halten", "sich-erinnern" oder "nicht-vergessen" übersetzen. Hier geht es um das wache Bewusstsein in jedem Augenblick. Bewusst, bedacht, besonnen und beherrscht, gegenwärtig und präsent, im gegenwärtigen Moment. Wirklichkeit ist immer nur, und ausschließlich, in der Gegenwart. Heißt nicht, dass wir nicht über Vergangenheit und Zukunft nachdenken dürfen, aber Bewusstsein und Wirklichkeit finden wir eben nur in der Gegenwart. 

Kurze Frage dazu: Ist der gegenwärtige Moment der kürzeste oder der längste Augenblick?

Rechte Achtsamkeit bedeutet, den Körper, die Gefühle, den Geist und die Gedanken aufmerksam zu beobachten, ohne sich in ihnen zu verlieren. Durch diese Praxis entstehen Klarheit und Gelassenheit sowie Verständnis und Verbindung.

Die 4 Grundlagen der Achtsamkeit:

1. Betrachtung des Körpers (Form)
2. Betrachtung der Gefühle (Eindrücke)
3. Betrachtung des Geistes (Bewusstsein)
4. Betrachtung der Gedanken (Geistes-Objekte)

Anmerkung: Geist bedeutet in diesem Fall das, was denkt, das Bewusstsein selbst. Und die Gedanken sind der Inhalt, eben das, was gedacht wird. Wie der Unterschied zwischen dem Seher, der sieht und dem Gesehenen, das gesehen wird.

Für weitere Infos, siehe "Die 4 Grundlagen der Achtsamkeit", "Die 5 Skandhas", etc.

 

8. Rechte Sammlung

Kommen wir zum letzten und vielleicht bedeutendsten Schritt: Samadhi! Samadhi, der ursprüngliche Kernbegriff dieses Abschnitts auf Pali, kann soviel wie Versenkung und Einheit bedeuten, aber auch Sammlung oder Konzentration. Gemeint ist gemeinhin die Bündelung des Geistes auf ein einziges Objekt oder einen Sachverhalt sowie das In-Einklang-treten mit der Umwelt mittels Meditation. Die konzentrierte Kultivierung des Geistes.

Der Begriff Samadhi hat denselben indogermanischen Wortstamm wie das englische Wörtchen "same" - was soviel bedeutet wie "dasselbe", "gleich" oder "einheitlich". Die Wurzel des Begriffes Samadhi ist "Samadha", was soviel wie "sammeln" oder "zusammenführen" bedeutet. Ein häufig anzutreffender Begriff im Buddhismus.

Konkret werden an dieser Stelle, dem achten und letzten Glied des Pfades, in dem alles zusammenläuft und sich vereint, oftmals die 4 (bzw. 8) Jhanas genannt. Jhana (auch Dhyana genannt) lässt sich am besten mit "Meditation" übersetzen. Wörtlich bedeutet der Begriff soviel wie "brennen" oder "glühen". Es lässt sich sagen: Jhana/Meditation ist der Weg zu Samadhi. Und Samadhi ist das höchste Ziel: Nirwana!

Was ist Nirwana? Nirwana lässt sich mit Erlösung, Gelöstheit oder Klarheit übersetzen. Wie Salzkristalle, die sich in Wasser auflösen und klar werden - eins werden. Eine andere Übersetzung könnte auch "Befreiung von Befangenheit" sein. Nirwana ist "entspanntes Sein". Nirwana liegt nicht im Jenseits, sondern im Jetzt und hier. Wenn wir die Ursache unserer Leiden überkommen, verwirklichen wir Nirwana. Der Begriff stammt ursprünglich von der Sanskrit-Wurzel "wehen" ab, wie Staub im Winde verweht: Frei sein! 

Und was sind die 4 Jhanas? Die Jhanas sind mögliche Meditationsstufen, verschiedene Ebenen oder Phasen der Vertiefung, die ein intensiv Praktizierender durchlaufen kann, um Sammlung und Konzentration aufzubauen und Samadhi - Freiheit und Unbefangenheit - zu erkennen und zu verwirklichen. Verschiedene Traditionen bedienen sich unterschiedlicher Arten und Weisen der Meditation - dieser Weg ist nur einer von vielen.

Die 4 Jhanas:

1. Hinwendung (Konzentration aufbauen)
2. Sammlung (Gedanken vergessen)
3. Gleichmut (Empfinden sinkt)
4. Reinheit (Freiheit steigt)

Es gibt noch 4 weitere Jhanas. Für ausführliche Infos, siehe "Die 8 Jhanas". Mit welcher Technik auch immer du meditierst und dein Bewusstsein schulst und kultivierst - aus dem Spektrum des Erreichens dieses Punktes "Samadhi" heraus, eröffnen sich abermals neue Erkenntnisse - womit sich der Kreis zum ersten Glied des achtfachen Pfades schließt.

Das ist eine Darstellung des von Buddha empfohlenen Weges zu Wohlsein, Erleuchtung und Nirwana. Nicht mehr als ein gezeigtes Tor. Den Weg gehen muss jeder selbst. Und das gilt es immerzu zu tun. Nicht, weil es uns irgendwo hinbringt, sondern weil es im Moment das Richtige ist - in der Wirklichkeit. Der Weg ist das Ziel. Übung zur Gewohnheit machen.

Für vertiefende Praxis geht es weiter mit unterstützenden Konzepten.

 

Konzepte und Begrifflichkeiten

Die folgenden Konzepte dienen der weiteren Anleitung und Anwendung, als praktische Leitfäden und vertiefende Meditations-Objekte. Sie helfen uns besser zu verstehen und Begreifen zu ermöglichen. All diese Konzepte und Erkenntnisse sind nicht Wirklichkeit (!), sind nicht unumstößlich. Alles nur Gedanken und Ideen, leere Worte an sich, notdürftig herangezogen, um das Abstrakte zu verbildlichen, um das Theoretische zu verwirklichen. Auf die Bedeutung und das Tun hinter den Begriffen kommt es an.

Besinne dich auf den Wert und den Grund der folgenden Punkte. Setze das Empfohlene in Relation zu dir und frage dich, wie die jeweiligen Konstrukte und Hilfestellungen dich, dein Leben und deinen Alltag bereichern können. Meditiere darüber, setze dich mit dem Gesagten auseinander, forsche selber nach und mache dir eigene Gedanken und Notizen. Gewinne und ergründe deine eigenen Erkenntnisse. Einsicht kommt nur von Innen!

Du BIST Buddhismus und nur du kannst ihn mit Leben befüllen. Kein anderer kann Buddha werden, nur du selbst. Beständiges Praktizieren wird zur Gewohnheit und beständiges Loslassen wird zu beständiger Gelassenheit. Werde selbst zum Buddha. Sei der Buddha! Nicht den längst vergangenen Buddha idolisieren, sondern selber gut leben. Jetzt und hier, um dich und deinet Willen, zum Wohle aller - weil es das Leben wert ist! (Was sonst?)

Weitere Infos und mehr: Dhammapada

 

Die 4 Unermesslichkeiten

Ich packe das Konzept der 4 Unermesslichkeiten (Brahmavihara), auch genannt "Die 4 himmlischen Verweilzustände" extra hier an den Anfang dieser letzten Rubrik, weil sie so grundlegend und zutreffend einen so wichtigen Kern des Buddhismus ausdrücken, nämlich die elementare Geisteshaltung eines Praktizierenden sowie den grundlegenden Sinn im Weltbild und Verständnis des Buddhismus. Das ist, worum es letztlich geht.

Die 4 Unermesslichkeiten:

1. Wohlwollen (Metta)
2. Mitgefühl (Karuna)
3. Mitfreude (Mudita)
4. Gleichmut (Upekkha)

1. Wohlwollen (Metta)

Metta lässt sich übersetzen mit "Wohlwollen", "bedingungsloser Liebe" oder auch "liebevoller Güte". Metta meint das uneingeschränkte Wohlwollen allem (!) anderen gegenüber - insbesondere gegenüber anderen Lebewesen. Es handelt sich um einen Geisteszustand, der sich mit der grenzenlosen Liebe einer Mutter beschreiben lässt. Nicht selektiv oder exklusiv (nur manchen Lebewesen gegenüber), sondern durch und durch liebevoll und zugewandt. Ein Schlüsselbegriff bzw. -konzept im Buddhismus.

Jeder der hier vorgestellten Punkte eignet sich als Meditations-Objekt, doch die Metta-Meditation bzw. die bewusste Kultivierung von Wohlwollen insbesondere, ist weit verbreitet im Buddhismus. Starte damit - vor allem dann, wenn sich beispielsweise Wut in dir regt - erst zu dir selbst Liebe aufzubauen und zu empfinden, dann zu einem geliebten Wesen, fahre fort mit einem neutralen Wesen, bis du irgendwann selbst deinem größten Feind und Widersacher nichts als Liebe, Glück und Wohlwollen wünscht.

Das Problem mit Nicht-Liebe ist, dass vor allem wir selbst darunter leiden, weil ja nur wir diese Emotion mit uns herumtragen, nur unser Geist ist davon vergiftet. Durch die Kultivierung von Metta löst du Feindseligkeit, Ärger und Abneigung auf und entwickelst ein Herz frei von Hass und Vorurteilen - weil du es dir wert bist.

2. Mitgefühl (Karuna)

Karuna bedeutet soviel wie Mitgefühl oder Anteilnahme. Mitgefühl ist insofern wichtig, als dass es uns unserer aller Verbundenheit bewusst sein lässt (An-TEIL-nahme - wir als Teil von allem und alles als Teil von uns). Das erschließt den Sinn von tieferem Verständnis und ermöglicht effektive Kommunikation. Mitgefühl öffnet uns dem Leiden und Treiben anderer Wesen gegenüber und lässt uns sehen und erkennen, was es braucht, damit es allen gut geht und alle miteinander klar kommen. Mitgefühl ist nicht Mitleid! 

In der Praxis bedeutet Mitgefühl, nicht wegzusehen, wenn Leid vorhanden ist, sondern sich ihm mit Offenheit und Hilfsbereitschaft zuzuwenden, weil wir alle verbunden sind. Widmen wir uns Nicht-Wohlsein, wird es Nicht-Wohl, widmen wir uns Wohlsein, wird es Wohl.

3. Mitfreude (Mudita)

Mudita beschreibt einen Zustand der Neid- und Gierlosigkeit - und mehr noch, die vermutlich tiefgreifendste Art ehrlicher, offener und wahrhaftig empfundener Freude. Während Mitgefühl uns unter anderem dem Leid anderer Wesen gegenüber offen sein lässt, da lenkt Mudita, die Mitfreude, den Fokus auf das Glück und das Wohlsein, das in jedem Moment und jeder Begebenheit mitschwingt - gespeist und erhoben durch das Wohl und die Freude von anderen. Frei von Ich-Bezogenheit, Vergleichen und Konkurrenzdenken.

Mitfreude stärkt soziale Harmonie und ermöglicht es, positive Erfahrungen anderer als Inspiration und Beflügelung für das eigene Leben zu nutzen.

4. Gleichmut (Upekkha)

Upekkha ist ein weiterer wichtiger Begriff im Buddhismus und bedeutet soviel Gleichmut, was wiederum, je nach Kontext, auch für Gelassenheit, Nicht-Anhaften oder Loslassen stehen kann. Gleichmut im Buddhismus unterscheidet sich jedoch stark von beispielsweise Gleichmut im Stoizismus - welcher vor allem etwas über die Wahrung der inneren Gemütsruhe aussagt. Im Buddhismus hingegen steht Gleichmut vor allem für so etwas wie "Nicht-Unterscheidung" - Gleichmut durch Gleichheit bzw. Einheit.

Dieser Art von tief durchdrungenem Gleichmut entspringt und nährt sich aus der Einsicht bzw. Annahme, dass wir alle - alle Menschen und alles überhaupt - nicht nur gleich, sondern sogar eins sind. Wir (und alles) bestehen alle aus denselben Teilen und Elementen, in stets fluider Zusammensetzung (siehe "Die 5 Skandhas"; "Die 12 Grundlagen", etc.). Zwischen mir und meinem größten Feind gibt es keinen, und wenn doch, dann maximal einen subjektiven und rein kopfgemachten Unterschied.

Wenn jemand wütend auf dich schimpft, dann versuche deinen Gleichmut zu wahren, indem du im Bewusstsein bleibst, dass du und dein Gegenüber im Grunde eins seid. Zwei Lebewesen ein und desselben Ökosystems, ein und derselben Wirklichkeit. Stell dir vor, deine Organe würden anfangen, sich gegenseitig zu bekämpfen, weil sie denken würden, sie wären voneinander separiert und für sich allein stehend. Alles bedingt alles.

Die Verwirklichung dieser Art von Gleichmut hilft uns bei der Überkommnung der 5 Hindernisse und geht unter anderem mit der Erreichung der 4. Stufe der Jhanas einher. Gleichmut (Upekkha) findest du auch als Teil der 10 Paramitas sowie in den 7 Gliedern des Erwachens. Gleichmut und Samadhi gehen Hand in Hand, das Eine ergibt bzw. bedingt das Andere (Einheit = Gleichheit). Nicht zu verwechseln mit Gleichgültigkeit!

 

Die 4 Grundlagen der Achtsamkeit

Die 4 Grundlagen der Achtsamkeit bilden den Kern der bekannten Vipassana-Meditation (Vipassana = Einsicht, Klarsicht). Dieses Konzept versucht die Zusammensetzung aller menschlichen Vorgänge bzw. das Zustandekommen der Erfahrung unseres Seins zu erklären, indem es unsere körperlichen und geistigen Prozesse in greifbare Bestandteile zerlegt, um etwaige Falschannahmen und Anhaftungen aufzuzeigen und aufzulösen.

Durch die gelegentliche Praxis dieses Gewahrwerdens kann sich eine kontinuierliche, nicht-konzeptionelle Aufmerksamkeit bzw. ein Bewusstsein entwickeln, das den Weg zu tieferer Konzentration eröffnet und schließlich zur Überwindung von Leiden führt.

Die 4 Grundlagen der Achtsamkeit:

1. Betrachtung des Körpers (Form)
2. Betrachtung der Gefühle (Eindrücke)
3. Betrachtung des Geistes (Bewusstsein)
4. Betrachtung der Gedanken (Geistes-Objekte)

Betrachtung des Körpers:

1. Ein- und Ausatmung
2. Körperhaltung und Tätigkeit
3. Körperteile und Zusammensetzung
4. Vier Elemente: Fest, Flüssig, Warm, Windig
5. Entstehen und Vergehen (Leichenbetrachtung)
6. Überkommen von Ansichten wie "gut" und "schlecht"

Betrachtung der Gefühle:

1. Angenehme Gefühle
2. Unangenehme Gefühle
3. Indifferente Gefühle
4. Weltliche Gefühle
5. Überweltliche Gefühle

Betrachtung des Geistes:

1. Gier und Nicht-Gier
2. Hass und Nicht-Hass
3. Verblendung und Nicht-Verblendung
4. Verkrampfung und Nicht-Verkrampfung
5. Entfaltung und Nicht-Entfaltung
6. Entwicklung und Nicht-Entwicklung
7. Sammlung und Nicht-Sammlung
8. Befreiung und Nicht-Befreiung

Betrachtung der Gedanken:

1. Die 4 Wahrheiten
2. Die 5 Hemmungen
3. Die 5 Skandhas
4. Die 6 Paramitas
5. Die 7 Erleuchtungsglieder
6. Die 10 Fesseln
7. Die 12 Grundlagen
8. etc.

Jeder dieser Punkte dient als Meditation für sich und alle zusammen ergeben ein gutes Abbild unserer temporären Seins-Zustände. Besonderer Fokus liegt klassischerweise auf der Beobachtung des Wandels verschiedener Prozesse - dem Entstehen und Vergehen - von einem Zustand zu einem anderen übergehend. Weitere Infos zur Zusammensetzung menschlichen Seins, siehe "Die 5 Skandhas", "Die 12 Grundlagen" uvm.

 

Die 5 Skandhas/Ansammlungen

Der Sanskrit-Begriff "Skandha" bedeutet in etwa soviel wie Ansammlung, Anhäufung, Anhaftung, Bündel oder Haufen. Die fünf Skandhas beschreiben also fünf Haufen bzw. Anhäufungen - Faktoren oder Zustände - auch genannt "Daseins-Gruppen", aus denen laut dem Buddhismus jeder Mensch bzw. jedes menschliche Dasein besteht und zusammengefügt ist, so wie letztlich alles ein gemeinsames Gefüge ergibt.

Das, was wir als "Ich" bezeichnen, ist lediglich eine Anhäufung dieser (und weiterer, je nach Betrachtungsebene) temporären Zustände. Kein festes "Selbst", keine eigenständige Entität - sondern vorübergehende, selbstlose und für sich gesehen leere Prozesse und Prinzipien. Dieser Blickwinkel bietet eine Grundlage für die Einsicht in Vergänglichkeit, Nicht-Selbst und das Entstehen von Leiden und ist, wie etwa die 4 Grundlagen der Achtsamkeit oder die 12 Glieder des bedingten Entstehens, zentral für Meditation, ethisches Verhalten und die Entwicklung von Weisheit im Sinne des Buddhismus.

Die 5 Skandhas:

1. Form/Körper
2. Gefühle/Empfindungen
3. Wahrnehmung
4. Geistesformationen
5. Bewusstsein

1. Form/Körper

Alles, was das Auge sehen kann + das Auge selbst. Jegliche materielle Existenz. Alles, was physisch existiert + unser materieller Körper, einschließlich der sechs Sinnesorgane der buddhistischen Philosophie: Auge, Ohr, Nase, Zunge, Tastsinn und Denk-Organ.

2. Gefühle/Empfindungen

Das, was beim Kontakt eines Körpers mit Sinnes-Aktivitäten entsteht: Angenehm, unangenehm oder neutral (Echo, Resonanz). Erste, eher passive und instinktive Reaktion. Ein Sinneseindruck (z. B. ein Geräusch, etwas gesehenes, etc.) kann dich wohl oder unwohl fühlen lassen, selbst wenn du es noch gar nicht aktiv wahrnimmst.

3. Wahrnehmung

Das Unterscheiden, Greifen, Benennen und Wiedererkennen von Dingen. Identifikationen äußerer Objekte im Geist des Betrachters in Form von Farben, Tönen, Gerüchen oder Bildern. Komplexer, konkreter und aktiver als reines Empfinden. Die Auffassung eines Eindrucks/Empfinden. 

Ich höre etwas … - ist eine Wahrnehmung.

4. Geistesformationen

Willensimpulse, Gewohnheiten, Emotionen, karmische Prägungen - die Tendenzen, wie wir reagieren. Gewohnheiten, Gedanken, Ideen, Meinungen, Zwänge, Konzepte, Entscheidungen, etc. Das ist, was unser Karma schafft und beeinflusst (<- Wichtig!).

Ich höre ein Auto … - ist eine Geistesformation.

5. Bewusstsein

Das Gewahrsein, welches das Erleben von Körper, Empfindung, Wahrnehmung und Geistesformation ergibt und ermöglicht. Nicht einheitlich, sondern je nach Sinnesfeld unterschiedlich - Seh-Bewusstsein, Hör-Bewusstsein, etc. (siehe "Die 12 Grundlagen").

Das ist unter anderem, was einen jeden Menschen ausmacht. Mehr als die Summe seiner Teile? Ein sich stets wandelnder Haufen verschiedener, vergänglicher Prozesse und Prinzipien. Oder, wie Tyler Durden (aus "Fight Club") ähnlich dem Buddha gesagt hat: Wir sind ein Haufen "verwesender Biomasse" - mit schwerwiegenden Bedürfnissen, weil wir uns an Konstrukten, Identitäten und Vorstellungen festklammern und -halten.

 

Die 5 Hinderungen/Hemmnisse

Die 5 Hinderungen oder auch Hemmnisse bezeichnen eine Gruppe von Geisteszuständen, die unseren Geist und unsere Fähigkeit zur Klarsicht trüben und vernebeln - insbesondere in Bezug auf Meditation und die bewusste Kultivierung unseres Geistes. Die 5 Hinderungen sind, was uns zumeist vom Meditieren abhält und uns im Alltag aus der Versenkung holt bzw. uns gar an dieser hindert. Ergo: Die 5 Hinderungen.

Die 5 Hinderungen:

1. Sinneslust, Verlangen, Abhängigkeit
2. Wut, Hass, Übelwollen, Ablehnung
3. Stumpfheit, Mattheit, Starrheit, Trägheit
4. Ruhelosigkeit, Aufgeregtheit, Unruhe
5. Zweifelsucht, Wankelmut, Unsicherheit

1. Sinnesgier/Lust

Verlangen nach (anderen) Sinneseindrücken, Empfindungen, etc. Was du tun kannst: Achtsamkeit auf Vergänglichkeit aller Dinge/Eindrücke, Kontemplation über die Unreinheit von allem Körperlichen oder Kultivierung von Genügsamkeit, Willenskraft und Askese.

2. Wut/Übelwollen

Ärger, Hass, Groll gegenüber sich selbst oder anderen/anderem, etc. Was du tun kannst: Besinnen auf das Gute/Liebe (Metta-Meditation), Vergegenwärtigung der Vergänglichkeit von Emotionen sowie Praktizierung/Kultivierung von Vergebung, Geduld, Demut, etc.

3. Mattheit/Trägheit

Müdigkeit, Trübsal, Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, etc. Was du tun kannst: Körperliche Aktivität (Spazieren, Lüften, Waschen, Aufräumen), Sammlung/Meditation im Stehen oder Gehen, Reflektion über den Wert der Praxis im aktuellen Moment oder gezielte Entfachung von Kraft, Inspiration und Energie (karmisch heilsames machen; gutes tun).

4. Unruhe/Sorgen

Aufgeregtheit, Grübeln über Vergangenheit/Zukunft, Vorwürfe, etc. Was du tun kannst: Achtsamkeit auf die Atmung/Atem-Meditation, Körperbewusstsein stärken, um den Geist zu beruhigen (Sport/Training), Kultivierung von Gleichmut und Verbundenheit oder auf die Gegenwart besinnen und Ängste/Vorstellungen (Fantasien) beruhigen.

5. Zweifel/Skepsis

Zögern, Unentschlossenheit, Misstrauen gegenüber Lehre/Lehrer, etc. Was du tun kannst: Studium der Lehre (Dharma, YouTube, Internet, Podcast), Fragen stellen, Austausch mit Lehrern/Praktizierenden, eigene Erfahrungen durch Meditation und Kontemplation ergründen oder Grundlagen prüfen und recherchieren und die Wirklichkeit erkennen.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. Und um die Wirklichkeit zu erkennen: Kopf aus, Mund zu, Augen auf! Für weitere Tipps zur Überwindung der 5 Hinderungen, siehe u. a. "Die 7 Glieder des Erwachens".

 

Die 6 (oder 10) Paramitas

Die 6 bzw. 10 Paramitas (6 im Mahayana; 10 im Theravada?) sind weg-erhellende, uns richtungsweisende und einhalt-gebietende Tugenden, die uns ans "andere Ufer", über den Fluss kommen lassen - zu Erwachen, Erleuchtung und Nirwana. Der Begriff Paramita (Para = Ufer, Mita = Weisheit) lässt sich auch mit "Vollkommenheit" übersetzen. Die 6-10 Paramitas sind also transzendierende bzw. überkommende Haltungen und Einstellungen, die uns über das Bisherige hinaus Weisheit und Wirklichkeit vervollkommnen lassen.

Die 6 Mahayana Paramitas:

1. Geben/Freigebigkeit
2. Anstand/Sittlichkeit
3. Geduld/Duldsamkeit
4. Hingabe/Anstrengung
5. Meditation/Kultivierung
6. Weisheit/Leerheit

+ 4 Theravada Paramitas:

7. Bescheidenheit/Entsagung
8. Wahrhaftigkeit/Wirklichkeit
9. Liebevolle Güte/Wohlwollen
10. Gleichmut/Nicht-Dualität

Wie immer, sind alle Glieder sowohl für sich alleinstehend als auch voneinander abhängig und in gewisser Weise auch aufeinander aufbauend. Anders als beispielsweise die 7 Glieder des Erwachens, wenn auch sehr ähnlich und mit Überschneidung, beziehen sich die Paramitas weniger auf die meditative Praxis, als vielmehr auf das praktische Leben, auf das Sein und Verhalten im ganz normalen Alltag. Weniger geistige Zustände, mehr konkrete Tugenden bzw. Einstellungen. Praxis ist Erleuchtung - wie man im Zen sagt.

Anmerkung: Im Theravada-Buddhismus fehlt das hier fünfte Glied (Meditation) oftmals und anstelle dessen steht zumeist "Entschlossenheit/Bestimmtheit".

Als Pendant zu den 6-10 Paramitas, siehe "Die 10 Fesseln".

 

Die 7 Glieder des Erwachens

Die 7 Glieder des Erwachens, manchmal auch "des Erleuchtens" genannt, sind, wie der Name schon sagt, die 7 Glieder des Erwachens bzw. des Erleuchtens. So wie uns die 5 Hinderungen am Meditieren und Bewusstsein hindern, so sind dies die Eigenschaften, mit denen Klarheit, Achtsamkeit und Vertiefung einhergehen. Geisteszustände, frei von Anhaftung und Laster, die sich durch beständiges Üben und Anwenden entfalten und manifestieren und sich gegenseitig unterstützen und bestärken. Eine mögliche Treppe, an deren Stufen und Erklimmung wir uns halten können, auf unserem Weg zur Erleuchtung.

Diese Stufen sind Weg und Ziel zugleich.

Ich könnte jetzt auf jedes Glied im einzelnen eingehen, jedoch bin ich das teilweise bereits anderswo in diesem Beitrag und außerdem stehen die Begriffe ja für sich. Ergründe selbst, was die Begriffe für dich bedeuten. Meditieren statt studieren! Es geht weniger um kognitives Verstehen, als vielmehr um die praktische Anwendung und Verwirklichung. Kurz gesagt: Achtsamkeit und Bewusstsein ermöglichen bzw. halten alle Glieder zusammen, die nächsten Drei (2-4) bauen Kraft und Energie auf und die letzten Drei (5-7) bündeln und beruhigen - bis zur Einheit und Erleuchtung.

Die 7 Glieder des Erwachens:

1. Achtsamkeit/Bewusstsein
2. Ergründung/Erkenntnis
3. Willenskraft/Beharrlichkeit
4. Heiterkeit/Verzückung
5. Entspannung/Beruhigung
6. Sammlung/Vertiefung
7. Gleichmut/Verbindung

Jeder dieser 7 Geisteszustände lässt sich entsprechend für (bzw. gegen) jeweils eine der 5 Hinderungen einsetzen (siehe "Die 5 Hinderungen"). Sie helfen uns nicht nur bei der Überwindung dieser, sondern führen uns geradewegs Richtung Nirwana.

 

Die 8 Jhanas/Versenkungen

Die 8 Jhanas, auch genannt Versenkungen, sind Meditationsstufen - verschiedene Ebenen oder Phasen der Vertiefung - die ein intensiv Praktizierender durchlaufen kann, um Sammlung und Konzentration aufzubauen und Samadhi (Einheit) zu verwirklichen.

Die Stufen bieten eine mögliche Abfolge innerer Entwicklung und Erforschung von Körper und Geist, reichend von der Aufgabe und Minderung unheilsamer Zustände, bis hin zur Vollendung von Gelassenheit und Wachsamkeit. Insbesondere die ersten 4 Jhanas lassen sich praktisch und verständlich greifen und im Alltag umsetzen, auch von Laien, weshalb ich im Folgenden ein wenig mehr auf sie eingehe.

Verschiedene Schulen/Strömungen im Buddhismus bemessen und interpretieren diese Kategorisierung unterschiedlich. Die ersten 4 Jhanas werden auch die "weltlichen" oder "formhaften" Jhanas genannt, wohingegen die letzten 4 Jhanas auch als die "überweltlichen" oder "formlosen" Jhanas bezeichnet werden.

Die 4 "weltlichen" Jhanas:

1. Erstes Jhana - Hinwendung

Der Meditierende löst sich von sinnlichen Eindrücken und unwohlbringenden Gedanken. Der Geist sammelt sich, begleitet von Denken und Betrachten, und ist erfreut und beglückt durch eben jene Sammlung.

2. Zweites Jhana - Sammlung

Als nächstes schwinden Denken und Betrachten. Die Sammlung wird tiefer und der Geist wird ruhiger. Sanft und harmonisch, weiterhin erfüllt von Freude und Glück, aber ohne innere Dialoge und Analysen.

3. Drittes Jhana - Gleichmut

Anschließend weichen Freude und Verzückung und ihrer statt ziehen Gleichmut, Achtsamkeit und Klarheit auf. Was bleibt, ist ein stilles und friedliches Glück, das innerem Gleichgewicht entspringt.

4. Viertes Jhana - Reinheit

Zu guter Letzt schwinden Glück und Schmerz komplett. Der Meditierende verweilt in vollkommenem Gleichmut - gelassen und gelöst - in einem Zustand reiner innerer Ruhe, frei von Leiden und Lust.

Die 4 "überweltlichen" Jhanas:

5. Fünftes Jhana

Form-Unendlichkeit

6. Sechstes Jhana

Bewusstsein-Unendlichkeit

7. Siebtes Jhana

Entdeckung von Leerheit und Nichtheit

8. Achtes Jhana

Weder Wahrnehmung noch Nicht-Wahrnehmung

Was das alles für dich bedeutet, überlasse ich dir. Das gilt es selber zu ergründen oder an anderer Stelle von Experten erklären zu lassen. Viel Spass beim Meditieren.

 

Die 10 Silas/Grundtugenden

Konkret gelten im Buddhismus 5 (bzw. 10) Gebote oder Grundtugenden, genannt Silas, ähnlich den 10 Geboten der christlichen Kirche. Für gewöhnlich nimmt sich jeder Buddhist, der sich den drei Juwelen annimmt (siehe "Die drei Juwelen"), auch den ersten 5 Silas an. Diese bilden das Grundgerüst der Sittlichkeit. Die Art und Weise unseres Verhaltens bildet das Fundament von allem Wohlsein.

Anders als in der Kirche, sind diese Gebote aber eher leuchtturmhafte Richtungswinke, statt starrer Gesetze Gottes. Du tust es vor allem für dich. Die ersten 5 Silas sind sowohl im Theravada-, als auch im Mahayana-Buddhismus mehr oder weniger identisch. Die letzten 5 hingegen (5-10) unterscheiden sich bei beiden. Im Mahayana sind die 10 Silas auch als die "10 Bodhisattva Vorsätze" bekannt - Grundlage für jeden Bodhisattva.

Bodhisattva (Bodhi = Erwachen/Erleuchtung; Sattva = das Seiende/Wesen) werden jene genannt, die nicht nur auf ihrem eigenen Pfad der Erleuchtung wandeln, sondern die sich zugleich auch mit ihrem ganzen Leben (und jeder Wiedergeburt) dem Wohle anderer Wesen verschreiben, bis auch das Letzte von ihnen - von uns - Erlösung und Erleuchtung gefunden und erfahren hat.

Die Silas sind, wie so vieles in der asiatischen Philosophie, häufig negativ betont (im Sinne von Verneinen; was man NICHT will), statt positiv. Das zum einen aus dem Grund, dass verneinende Aussagen im Positiven viel mehr Freiraum lassen und zum anderen, weil die Gebote so ihr klarbewusstes und beherrschtes Sich-Zurückhalten zum Ausdruck bringen.

Als Bonus obendrauf "Die 3 reinen Gebote" eines Bodhisattvas.

Die 3 Bodhisattva-Gebote:

1. Ich will abstehen von allem Schlechten
2. Ich will hingehen zu allem Guten
3. Ich will Wohl für alle Wesen

Die 10 Silas:

1. Ich will Nicht-Töten und Nicht-Verletzen.
2. Ich will Nicht-Nehmen, was nicht gegeben wird.
3. Ich will Nicht-Übergriffig in Beziehungen sein.
4. Ich will Nicht-Lügen und Nicht-Plappern.
5. Ich will Nicht-Berauscht oder -Benebelt sein.

Theravada:

6. Ich will Nicht-Speisen nach der Mittagsstunde.
7. Ich will Nicht-Feiern und Nicht-Frönen.
8. Ich will Nicht-Geschmückt oder -Verstellt sein.
9. Ich will Nicht-Schlafen in üppigen Lagern.
10. Ich will Nicht-Geld nutzen oder annehmen.

Mahayana:

6. Ich will Nicht-Bewerten oder -Verurteilen.
7. Ich will Nicht-Lobpreisen und Nicht-Tadeln.
8. Ich will Nicht-Geizen oder -Zurückhalten.
9. Ich will Nicht-Wüten oder -Ungezügelt sein. 
10. Ich will Nicht-Schmähen oder -Herabsetzen.

Im Zen- bzw. Chan-Buddhismus heißt es: Ein Bodhisattva bricht die Gebote, ein gewöhnlicher Mensch nimmt sie gar nicht erst auf. Die Vorsätze dienen, wie bereits erwähnt, vor allem als Vorbild und Leitfaden für dich selbst. Folgst du ihnen nicht, droht keine Hölle, sondern schlechtes Karma. Logisch: Beleidigst und betrügst du Menschen, wird dies dein (bzw. das) Leben entsprechend lenken und beeinflussen. Genauso, wenn du dich stattdessen voller Inbrunst, Herzlichkeit und Wohlwollen widmest.

 

Die 10 Fesseln/Ketten/Bindungen

In manchen Schulen des Buddhismus heißt es, dass es 10 schwerwiegende Fesseln gibt, die einen ans Leiden binden und in Samsara (dem Daseins-Kreislauf) halten. Anders als beispielsweise die 5 Hinderungen (siehe "Die 5 Hinderungen") beziehen sich diese Fesseln aber weniger auf die meditative, rein geistige Praxis, als vielmehr auf die tatsächliche und alltägliche Art und Weise unseres Seins und Verhaltens (Verhalten = Halten = Anhaften). Tiefsitzende Gewohnheiten und mentale Verstrickungen.

Denke und meditiere auch über diese Punkte.

Die 5 "niederen" Fesseln:

1. Glaube an inhärenten Wesenskern
2. Zweifel an Lehre und Wirklichkeit
3. Anhaften an Regeln und Ritualen
4. Sinnliche Gelüste und Verlangen
5. Reizbarkeit, Wut und Übelwollen

Die 5 "höheren" Fesseln:

6. Wunsch nach Körperlichkeit
7. Wunsch nach Geistartigkeit
8. Einbildung und Profilierung
9. Wollen und Getrieben-sein
10. Verblendung und Ignoranz

Wer die ersten drei Fesseln (1-3) überkommt, gilt als "Strom-Eintreter" (des Flusses, der zu Nirwana führt), wer sich von den nächsten beiden löst (4-5), gilt als "Einmal-Wiederkehrer" (zur Sinneswelt) und wer komplett von den ersten fünf Fesseln (1-5) befreit ist, gilt als "Niemehr-Wiederkehrer". Wer alle Fesseln meistert, inklusive der 5 Höheren (1-10), erreicht die "Arhatschaft". "Arhat" bedeutet soviel wie Würdiger, Heiliger oder auch Vollkommener.

Als passendes Pendant zur Überwindung dieser Punkte können unter anderem die 6 bzw. 10 Paramitas helfen sowie natürlich jedes andere Glied der Lehre Buddhas.

 

Die 12 (oder 18) Grundlagen

Die 12 Grundlagen (Ayatana) sind die Quelle aller geistigen Vorgänge des Menschen und gelten somit als Hauptverursacher und Antrieb von Begehren und Verlangen. Die 12 Grundlagen ergeben sich aus zwei Paaren: 6 innere Grundlagen und 6 äußere Grundlagen. Beide treten miteinander in Kontakt und reagieren zusammen. Aus ihnen heraus werden alle geistigen Eindrücke geboren und genährt. Schaffen wir es, unsere Sinne und Sinnes-Eindrücke zu lenken, können wir auch unser Leben lenken.

Manchmal ist auch die Rede von den "18 Elementen" (Dhatu) - bei diesen ist dann unter anderem noch das jeweils zugehörende Bewusstsein (Seh-Bewusstsein, Hör-Bewusstsein, etc.) mit eingeschlossen. Laut dem Buddhismus gibt es nicht nur EIN Bewusstsein, sondern mehrere. Zusätzlich bestehen wir aus einer Vielzahl weiterer Faktoren (siehe "Die 5 Skandhas", "Die 4 Grundlagen der Achtsamkeit", etc.). 

Die Tatsache, dass die 3 Element-Gruppen erst in gegenseitiger Bedingtheit zu dem werden, was sie sind (Objekt, Organ und Bewusstsein bedingen einander zur Erfassung; siehe "Die 12 Glieder des bedingten Entstehens") verweist auf ihren Mangel an eigener Wesenheit (Interdependenz, Nicht-Selbst, Leerheit).

Des Weiteren gibt es auch noch "Die 4 Elemente". Diese beschreiben einen weiteren Teil aller Existenz, nämlich die altbekannten Grund- bzw. Naturelemente, wie sie auch in anderen Philosophien Verwendung finden: Feuer, Erde, Luft und Wasser - allerdings mit Buddhismus eigener Note/Würze. Die 12 bzw. 18 Grundlagen sowie alles Körperliche bzw. jegliche Materie sind von den 4 Elementen abhängig. 

Die 4 Elemente:

1. Festes-Element
2. Flüssiges-Element
3. Hitze-Element/Energie
4. Wind-Element/Schwingung

Die 12 (oder 18) Grundlagen:

6 innere Grundlagen:

1. Seh-Organ
2. Hör-Organ
3. Riech-Organ
4. Schmeck-Organ
5. Körper-Organ
6. Geist-Organ

6 äußere Grundlagen:

1. Seh-Objekt
2. Hör-Objekt
3. Riech-Objekt
4. Schmeck-Objekt
5. Körper-Objekt
6. Geist-Objekt

6 Arten von Bewusstsein:

1. Seh-Bewusstsein
2. Hör-Bewusstsein
3. Riech-Bewusstsein
4. Schmeck-Bewusstsein
5. Körper-Bewusstsein
6. Geist-Bewusstsein

Zusammenfassend: Wie kommen "sein" und karmisches Wirken/Wollen zustande? Sinnes-Organ + Sinnes-Objekt + Sinnes-Bewusstsein.

1. Auge + Form + Seh-Bewusstsein
2. Ohr + Ton + Hör-Bewusstsein
3. Nase + Duft + Riech-Bewusstsein
4. Zunge + Geschmack + Schmeck-Bewusstsein
5. Körper + Eindruck + Körper-Bewusstsein
6. Geist + Gedanke + Geist-Bewusstsein

Anmerkung: Wir leiden nicht wegen unserer Sinne, sondern wegen der Fesseln, die sich aus diesen heraus ergeben und die uns ans Leiden binden (siehe "Die 10 Fesseln").

 

Die 12 Glieder des bedingten Entstehens

Die 12 Glieder des bedingten Entstehens, auch genannt "Entstehen-Vergehen", sind relativ komplex und, wie so vieles im Buddhismus, ziemlich verkopft. Dennoch versucht dieses Konzept lediglich greifbar zu machen, wie Karma, unser Daseins-Kreislauf (Samsara) und im Grunde alles miteinander verwoben ist und einander bedingt und beeinflusst.

Hier lässt sich vieles rein interpretieren und genau dafür ist das Konzept ja auch gedacht und gemacht - um vielschichtige Betrachtungen der Wirklichkeit zu ermöglichen und zu veranschaulichen. Vergleichbares hätte sich wohl auch mit 9, mit 16 oder mit 49 Gliedern ausdrücken lassen, doch 12 sind es eben in dieser Betrachtung.

Wie immer hängen alle Glieder mit allen zusammen und jeder Punkt spiegelt sich in jedem wieder. Um den Kreislauf zu durchbrechen, so heißt es, muss uns gelingen, die Kette an einer Stelle zu unterbrechen. Egal welches Glied wir lösen: Lösen wir eines auf, lösen sich alle auf. Nirwana - das Erlöschen unserer Leiden, das Ende des Kreislaufs.

Die 12 Glieder des bedingten Entstehens:

1. Unwissenheit erzeugt … 2. Karma-Formationen, diese prägen … 3. Bewusstsein, dieses bedingt … 4. Körper und Geist, diese ergeben … 5. Sechs Sinne, diese ermöglichen … 6. Kontakt, dieser erzeugt … 7. Empfindung, diese weckt … 8. Begehren, diesem folgt … 9. Anhaften, das führt zu … 10. Werden, das bedeutet … 11. Geburt, diese bedingt … 12. Altern und Tod, gehen einher mit … 1. Unwissenheit - und so schließt sich der Kreis.

1. Unwissenheit

Wer nichts von Karma und seiner Wirkungsweise weiß, wird früher oder später unweigerlich so handeln und wirken, dass sich Karma ansammelt und aufbaut, ob gut oder schlecht.

2. Karma-Formationen

Die Art und Weise unseres Karmas, unseres vergangenen Handelns, formt und beeinflusst die Art und Weise unserer diversen, zukünftigen Bewusstseins-Zustände.

3. Bewusstsein

Bewusstseins-Zustände bedingen Körper bzw. Form und Geist sowie vorheriges Sein. Nur aus Seiendem kann Seiendes entstehen. Von Nichts kommt Nichts.

4. Körper und Geist

Körper und Geist bedingen das Zusammengehalten-werden bzw. die dynamische Vereinigung durch das Bewusstsein, womit sich auch die 6 Sinne ergeben und entwickeln.

5. Sechs Sinne

Mit den sechs Sinnen - Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist - ergibt sich der Kontakt bzw. die Berührung mit allem anderen, unserer Außen-, Um- und Mitwelt.

6. Kontakt

Sinnesorgan + Objekt + Bewusstsein = Kontakt. Durch das In-Kontakt-treten mit etwas bzw. allem Äußeren ergeben sich Gefühle, Eindrücke und Empfindungen.

7. Empfindung

Aus Gefühlen, Eindrücken und Empfindungen - angenehme, unangenehme oder neutrale - erwachsen und erwachen innere Triebe wie Gier/Wollen oder Hass/Nicht-Wollen.

8. Begehren

Gier/Wollen und Hass/Nicht-Wollen lassen uns nach Sinnesgelüsten, Ansichten, Ich-Vorstellungen, Konzepten und Ähnlichem greifen und emsig an diesen festhalten.

9. Anhaften

Dieses Anhaften an Vorstellungen und Illusionen formt und gestaltet unsere Gewohnheiten, unsere Karma-Tendenzen, und damit auch unser zukünftiges Sein und Werden.

10. Werden

Unserem Haften und Begehren entsprechend schaffen wir (bzw. ergibt sich) in jedem Moment unser neues Entstehen, eben indem wir halten, was bereits vergangen ist.

11. Geburt

So wie ein Zustand stirbt und vergeht, erwächst und erblüht ein anderer. Ein sich ständig wandelndes Spektrum, das sich gemäß allem Vorherigen ergibt und bedingt.

12. Altern und Tod

Mit dem Erblühen kommt das Vergehen und mit dem Vergehen kommen auch Dunkelheit, Unwissenheit, Nicht-Sehen und alles Weitere - ein Kreislauf!

Das ist wie Leiden entstehen und wie Karma funktioniert. Leidhafte bzw. ungesunde Handlungen entstehen aufgrund eines durch Ignoranz, Unwissenheit und Unverständnis getrübten oder verzogenen Weltbildes (nicht der Realität entsprechend, nicht wirklichkeitsgemäß). Infolgedessen führt ein "falsches" bzw. nicht wahrheitsgemäßes Weltbild zu falschen Annahmen, Absichten und Handlungen, was wiederum falsche bzw. nicht-reale Erwartungen zur Folge hat und im Umkehrschluss zu noch mehr Leiden führt.

Karma bedeutet soviel wie Handlung, Aktion oder Anstoß. Karma ist amoralisch und beschreibt ein Prinzip von Ursache und Wirkung. Tust du Gutes, bereicherst du die Welt, wird alles besser, tust du Schlechtes, schadest du der Welt, wird alles schlechter. Karma beeinflusst geistige Eindrücke und geistige Eindrücke beeinflussen Karma (zukünftiges Handeln). Karma lösen wir auf, indem wir im Moment sind, nicht an Vergangenem halten und nicht an Verlangen haften. Die (echte) Wirklichkeit im Augenblick erkennen.

Was verstehe ich unter Wiedergeburt? Wir bzw. die Faktoren, die uns ergeben, sind dieser Planet und werden immer Teil des Universums sein, so wie wir (bzw. unsere Teile) auch schon immer waren. Das Konzept von Geburt selbst, so wie wir es im Westen haben, ist schon irreführend, weshalb wir auch eine ebenso komische Vorstellung von Wiedergeburt haben. Alles entsteht und vergeht konstant und alles hängt mit allem zusammen. Das, was dich ergibt, wird immer sein und ist schon immer gewesen - bis du loslässt und aufgibst, was dich zum "du" macht bzw. was man selbst als "Ich" bezeichnet.

 

Die 13 asketischen Übungen

Dhutanga (Pali: Läuterungsmittel) ist eine im Buddhismus vorkommende Sammlung von 13 Übungen mit dem Ziel der Selbstfindung und -erkenntnis. Die Übungen werden auch "Abschüttelungsmittel" genannt, um sich frei zu machen von allem Überfluss und Ballast, zur Stärkung von Besitz- und Bedürfnislosigkeit sowie Entsagung und Willenskraft.

Die Übungen dürfen, einzeln oder im Verbund, für kürzere oder längere Zeit, klassisch mit Gelübde aufgenommen und abgelegt werden. Buddha selbst war einst Asket, doch nahm er wegen zu fanatischer Methoden eher Abstand. Diese 13 (moderaten) Übungen nannte er als Kompromiss für alle, die dennoch mehr als nur die übliche Praxis wollen. Askese (griech. Üben) ist das (Aus-) Üben bzw. Praktizieren einer streng enthaltsamen Lebensweise, zur Erlangung von Einsicht, Bewusstsein und Erkenntnis.

Die Folgenden Übungen beinhalten einmal die traditionelle Form sowie eine eigene, vor vielen Jahren von mir erdachte und beworbene, moderne Variante für Laien-Praktiker.

1. Die Übung des "Fetzenkleidträgers"

"Nur Roben tragen, die aus abgenutzten Stofffetzen zusammengeflickt sind, keine gespendeten Fertig-Roben."

Moderne Laien-Version:

Nur gebrauchte Kleidung aus Umsonstläden, Mülltonnen oder Altkleidersammlungen tragen.

2. Die Übung des "Dreigewandträgers"

"Nur drei Roben haben und tragen. Untere Robe, obere Robe und äußere Robe. Keine Wechsel-Gewandung."

Moderne Laien-Version:

Nur ein Set an Kleidung haben und tragen, zum Beispiel Hose, Hemd, Pulli und Mantel. Keine Wechsel-Klamotte.

3. Die Übung des "Brockensammlers"

"Nur essen, was während des Almosenganges gesammelt wurde. Einladungen und Ähnliches ablehnen."

Moderne Laien-Version:

Nur essen, was gefunden oder gerettet ist, zum Beispiel wild in der Natur oder in Supermarkt-Containern.

4. Die Übung des "Von Haus zu Haus Gängers"

"Essen von jedem Haus annehmen. Nicht nur, oder gerade nicht, von den bevorzugten, wohlhabenden Häusern."

Moderne Laien-Version:

Nur Rohkost oder Frutarisch essen. Frisches Obst und Gemüse, keine Industrieware und kein Zucker.

5. Die Übung des "Einmal Essers"

"Nur eine Mahlzeit pro Tag essen und diese an einem Stück und ohne Unterbrechung einnehmen."

Moderne Laien-Version:

Nur eine (oder zwei) feste Mahlzeiten am Tag einnehmen und nicht mehr nach Dunkelheit essen.

6. Die Übung des "Topfspeisers"

"Nur essen, was in der Almosenschale ist und nur die Almosenschale zum Essen haben und nutzen."

Moderne Laien-Version:

Nur ein Koch- und Essgefäß haben und nutzen. Eintopf jeden Tag. Kein Geschirr oder Besteck (nur Löffel).

7. Die Übung des "Die spätere Speise Verweigernden"

"Nach Beginn der Mahlzeit bzw. nach erster Zufriedenheit mit dem Gegebenen, weitere Speisen ablehnen."

Moderne Laien-Version:

Nur noch soviel auftun, viel wie du denkst zu brauchen und zu wollen und dann nicht mehr nachnehmen.

8. Die Übung des "Waldasketen"

"Leben in einer ruhigen, natürlichen Umgebung. Abgeschieden von jeglicher Ablenkung und Zivilisation."

Moderne Laien-Version:

In der Natur schlafen und leben. Abseits von Ablenkung und Zivilisation. Keine Elektronik und kein Luxus.

9. Die Übung des "Baumasketen"

"Leben unter einem Baum, ohne den Schutz eines Daches. Unter Blättern, auf Wurzeln gebettet."

Moderne Laien-Version:

Mit minimaler Ausrüstung und ohne Zelt oder Tarp unter einem Baum schlafen und lagern.

10. Die Übung des "Unter freiem Himmel Lebenden"

"Leben unter freiem Himmel, ohne den Schutz eines Daches oder eines Baumes. Offen und mit den Elementen."

Moderne Laien-Version:

Ohne festen Wohnsitz leben und schlafen. Frei und ohne Dach auf der Straße, auf Wiesen oder Feldern.

11. Die Übung des "Friedhofasketen"

"Leben auf einem Friedhof. In Kontakt und Wahrnehmung mit den Toten, mit dem Leben und Vergehen."

Moderne Laien-Version:

An kargen, verlassenen Orten schlafen und verweilen. Mit Vergänglichkeit konfrontieren. Leben und Sterben.

12. Die Übung des "Mit jedem Lager Zufriedenen"

"Zufrieden sein mit jedem Schlafplatz, der sich findet. Wie unbequem er auch sein mag, solange er sicher ist."

Moderne Laien-Version:

Nur mit einer (oder mehreren) Decke auf dem Boden schlafen, wo auch immer sich ein Fleckchen findet.

13. Die Übung des "Stetigsitzers"

"Leben ohne liegen. Nur gehen, stehen oder sitzen. Auch nachts und während des Schlafens."

Moderne Laien-Version:

Möglichst viel stehen und bewegen. Das eigene Gewicht tragen. Keine Stühle und nicht fläzen oder rumhängen.

Viel Spass beim Üben und Praktizieren von Entsagung und Genügsamkeit.

Bedürfnislosigkeit = Wunschlos glücklich sein.

 

Abschluss und Zusammenfassung

Das ist so ziemlich der Kern des Buddhismus, wie ich ihn bisher umrissen habe. Wie ich in der Einleitung schon geschrieben habe, gibt es so viele verschiedene Strömungen und Unter-Traditionen, dass ich von einigen noch nicht mal gehört hatte (bis zum Schreiben dieses Artikels), und wer weiß, wie viele ich jetzt noch immer nicht kenne. 

Ich bin vor allem von Theravada und Zen geprägt, weshalb ich unter anderem großen Wert auf Praxis lege. Außerdem geht es mir in erster Linie um einfaches und natürliches Leben, weshalb mich wohl die Einfachheit des Zen sehr angesprochen hat, genauso wie beispielsweise Daoismus, der ja Zen maßgeblich mitbeeinflusst hat. 

Und im gleichen Sinne möchte ich mich auch nicht auf eine Philosophie, auf eine Ideologie versteifen. Ich beschäftige mich mit vielen Philosophien, wo doch alle versuchen, Weisheit und Wirklichkeit zu ergründen und zu erklären. Und kein "-ismus" ist jemals Wirklichkeit, weshalb die beste Art ein Buddhist zu sein ist, kein Buddhist zu sein. Einfach ein guter Mensch sein und das Wissen umsetzen, statt es zu greifen und daran zu halten.

Buddhismus ist einfach ein großartiger, wohl durchdachter und sehr zugänglicher "Lebensweg" - eine sehr konkrete und gut vorgearbeitete Anleitung zu einfachem und natürlichem Leben, zu Nachhaltigkeit und Harmonie. Mit dem Bonus der winkenden Erleuchtung, die gibt’s sogar noch obendrauf. Besser kann’s kaum werden.

Wie gesagt, das ist alles nur leblose Theorie, du musst den Wert bzw. die Bedeutung der Worte mit Leben und Farbe befüllen. Praxis findet in der echten Welt statt, in jedem Moment, in unserem - nein, nur in deinem - Alltag. Wie dein Tagesplan aussieht, mit welchen Praktiken und Methoden du deinen Nicht-Wahnsinn beisammen hältst, das entscheidest alles du (ob du willst oder nicht) - entscheide weise!

Hier noch ein paar Inspirationen zur etwaigen Umsetzung, Kultivierung und Verwirklichung, insbesondere für die Laien-Praxis. Laien-Praxis ist mir ein echtes Anliegen. Vergiss das Kloster, lass die Religion den Heiligen. Heilige sind heilig, weil wir sie zu (höheren) Idolen erklären. Ich sage: Mache dir gutes Leben zur Normalität und Priorität (was sonst?).

Tipps zur Laien-Praxis:

Studieren, Meditieren, Kontemplatieren, Debatieren, Rezitieren, Trainieren, Tantra, Mantras, Mandalas, Yoga, Zeichnen, Schreiben, Singen, Kochen, Essen, Fasten, Putzen, Tanzen, Fegen, Waschen, Gehen, Stehen, Beten, Opfern, Räuchern, Arbeiten, Zeremonien, Rituale, uvm.

Alle Begriffe, Praktiken, Gedanken und Ideen kannst du unter anderem im Internet weiter recherchieren, dir von ChatGPT erklären lassen, auf YouTube ansehen, klassisch in Büchern vertiefen oder selbst ergründen. Füttere und gestalte dich, deinen Geist und deinen Alltag gut und gesund, dann wird auch dein Leben - und damit auch die Welt - gut und gesund. Durchbreche deine Muster und sei dir selbst das Maß.

Erkenne, was wirklich wichtig ist, und habe auch den Mut und die Kraft wirklich hinzusehen, und lebe so, wie du denkst, dass ein gutes Leben aussieht.

Sadhguru (Yoga-Mystiker) antwortete mal auf die Frage, was ein Mensch mit seinem Leben tun und anfangen solle: "Sieh, was die Welt braucht und tue das."

Liebe Grüße,

Adrean

PS: Ich habe das grundlegendste Werk des Buddhismus, das Dhammapada, die wichtigsten Aussagen der bedeutendsten Lehrreden Buddhas, mit viel Hingabe übersetzt und eine eigene Druck-Version angefertigt. Ohne Strichcode, zum selber ausdrucken und Binden (Japanbindung) auf DIN A6 inklusive eBook-Version und einfacher Schritt-für-Schritt Video-Anleitung. Mehr als nur ein Buch-Projekt: Gelebter Buddhismus in Aktion.

Sehr zu empfehlen. Primärliteratur ist immer am besten.

Für weitere Infos und mehr: Dhammapada

Danke für die Unterstützung.

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